Das schlagende Herz in deinem Gehirn

Wissenschaftler aus Freiburg erforschen wie unser Gehirn unseren Herzschlag fühlt

 

Jeder kennt das Gefühl, den eigenen Herzschlag zu spüren – beim ersten Gespräch mit der großen Liebe, bei einer öffentlichen Rede oder nach einem Sprint zum Bus. Wie das Gehirn unsere Herzaktivität kontrolliert und verarbeitet, ist in der Forschung seit einigen Jahren ein prominentes Thema, doch trotzdem bleibt die Frage ungelöst, welche Gehirnstrukturen für das Gefühl des "schlagenden Herzens" verantwortlich sind. Insbesondere das elektrische Artefakt, das vom Herzmuskel stammt, verfälscht Elektroenzephalographieaufnahmen und behindert damit elektrophysiologische Forschung zur Verbindung zwischen Gehirnreaktionen und Herzschlag.

Markus Kern und seine Kollegen von der Fakultät für Biologie, dem Epilepsiezentrum der Universitätsklinik Freiburg, und dem Bernstein Center Freiburg verwenden einen neuen Ansatz, um Herz-Kreislauf-Effekte im menschlichen Gehirn zu erforschen. In Elektrokortikographieaufnahmen werden Elektroden direkt auf der Oberfläche des menschlichen Gehirns platziert. Die Forscher verwenden Aufnahmen von Epilepsiepatienten während normalen Verhaltens, das heißt, dass die Patienten weder instruiert wurden, auf ihren Herzschlag zu achten, noch ihn zu ignorieren. Dies führte zu einer großen Anzahl von Versuchen, die keine zusätzliche Belastung für die Patienten darstellten.

Das Forscherteam beobachtete verschiedene Arten von herz-kreislauf-bezogenen Elektrokortikographieantworten im Vergleich zur Elektroenzephalografie. Und tatsächlich fanden die Forscher zum ersten Mal eine fokal lokalisierte herzschlagbezogene Gehirnantwort über dem primären sensorischen Kortex, die klar erkennbar war und bei allen untersuchten Subjekten auftrat.

Wie Markus Kern erklärt, bedeutet dies, dass die somatosensorische Region unseres Gehirns permanent auf unseren Herzschlag reagiert, selbst wenn wir ihn nicht bewusst wahrnehmen. Er hofft, dass Forschung zur bewussten Wahrnehmung unseres Herzschlags dabei helfen kann, ganze neurale Netzwerke, die mit der Verarbeitung von herzbezogenen Signalen zu tun haben, zu identifizieren. Er ist zuversichtlich, dass die Methode der Elektrokortikographie, bei der Aufnahmen direkt an der Gehirnoberfläche gemacht werden, der richtige Weg ist. Darüber hinaus kann ein Einbeziehen von herzschlagbezogenen Effekten die Signalqualität von Elektrokortikographie erhöhen und sowohl wissenschaftlichen Studien als auch neuen Anwendungen im biomedizinischen Bereich, wie beispielsweise Gehirn-Maschine-Schnittstellen, helfen.

 

Bildunterschrift

Örtlicher und zeitlicher Verlauf von herzschlag-evozierten Potentialen (HEP). (a) Farbige Kreise (die Farben zeigen individuelle Subjekte an) korrespondieren mit Elektrodenkontakten über den somatosensorischen Kortex (blauer Bereich), der HEPs aufnimmt. (b) Zeitlicher Verlauf der individuellen HEPs und Durchschnittswerte mit Standardabweichung (c). Oberhalb der Grafik sind HEP Latenzen vorheriger EEG Studien farbkodiert.

 

Originalveröffentlichung

Markus Kern, Ad Aertsen, Andreas Schulze-Bonhage und Tonio Ball (2013) Heart cycle-related effects on event-related potentials, spectral power changes, and connectivity patterns in the human ECoG. Neuroimage 81, 178-190